"Die
kranke Krankenversicherung" -
Der Kampf um den Kunden
Sie haben Ihren
Abschluss bestanden und absolvierten Ihren staatlichen Vorbereitungsdienst
oder ein anderes befristeten Arbeitsverhältnis. Sie waren
Mitglied in einer gesetzlichen
Krankenversicherung geworden, deren Kosten Ihr Arbeitgeber
übernimmt. Sie haben sich über diese Dinge keine
weiteren Gedanken gemacht, denn sie hatten nicht die Zeit,
das vernünftig zu tun. Außerdem hatten Sie ja jemanden,
der das ohnehin viel besser kann: die "Profis" von
der MP-AG, die auf ihren Weiterbildungskursen stets die neusten
Infos kriegen.
Ihr zuständiger
MP-"Berater" Dr. Würstchen hatte Ihnen schon
des öfteren in den Ohren gelegen, endlich in eine private
Krankenversicherung einzutreten. Aber die hätten
Sie ja selbst finanzieren müssen.
Nachdem Sie nun
Ihr zweites Staatsexamen gemacht haben oder Ihr befristetes
Arbeitsverhältnis ausgelaufen ist, werden Sie künftig
selbst für Ihre Gesundheitsvorsorge aufkommen müssen.
Zunächst übernimmt die Bundesagentur für Arbeit
(formally known as "Arbeitsamt") die Raten Ihrer
gesetzlichen Versicherung, während Sie sich nach einem
Job umsehen.
Ihr MP-"Berater"
rät Ihnen, unbedingt eine private Krankenversicherung
abzuschließen.
(Die Diskussion
über gesetzliche und private wollen wir aus Gründen
der Übersicht aussparen. Wichtig ist jedenfalls zu wissen,
dass
· sich
die Beitragshöhe Ihrer gesetzlichen KV nach Ihrem Einkommen
richtet, während private auch bei Arbeitslosigkeit voll
zur Kasse bittet,
- die gesetzliche
KV auch Schutz für Familienmitglieder bietet,
- die gesetzliche
KV auch gesundheitserhaltende Maßnahmen bezuschusst.)
Inzwischen haben
sich Klinkenputzer unterschiedlicher Versicherungsunternehmen
bei Ihnen eingefunden, um Ihnen eine private Krankenversicherung
zu verkaufen.
(Haben Sie sich
einmal gefragt, woher die alle offenbar wussten, dass Sie
genau jetzt eine Krankenversicherung suchen?
Weil diese Unternehmen bei der öffentlichen Hand Ihre
Adresse gekauft hatten! Glauben Sie nicht? Dann erkundigen
Sie sich doch mal.)
Sie empfangen
diese Leute, obwohl Dr. Würstchen Ihnen ja schon die
preisgünstigsten und leistungsfähigsten KV-Gesellschaften
vorgestellt hatte. "Aufgrund der Marktmacht von MP"
bieten diese Gesellschaften angeblich Tarife, die man auf
dem Markt nicht bekommen könne. Aber Sie gehören
ja zur Kaste der MP-Kunden!
(Jaja ... Ihr
MP-"Berater" ist auch unabhängig,
kennt alle Tarife, urteilt provisionsneutral und
ist überhaupt der geborene Altruist.)
Seltsamerweise
bieten Ihnen manche Vertreter durchaus preisgünstigere
oder von den Leistungen her interessantere Angebote. Als Sie
Ihren MP-Berater darauf ansprechen, kontert er
das Preisargument mit dem Qualitätsargument.
(Was denn sonst?
Aber: Stimmt das Preis/Leistungs-Verhältnis
denn bei seinen Angeboten?)
Ihr MP-Berater
zeigt Ihnen Rankings mit der Position zweier sehr guter
Gesellschaften, die genau das richtige für Sie seien
und lässt Ihnen die Wahl unterschiedlicher Tarife.
(Wer hat denn
das Ranking gemacht?
Wurden die Kriterien wirklich
richtig gewichtet?
Es soll Rankings geben, deren
Kriterien auffallend zum Testsieger passen. Vergessen
Sie nicht, Sie haben es mit Falschmünzern und Beutelschneidern
zu tun!)
Sie finden seine
Angebote trotzdem ziemlich teuer, zumal Sie am Beginn Ihres
Erwerbslebens stehen und nicht sicher ist, ob Ihre akademischen
Weihen finanzielle Erträge zeitigen werden. Bevor Sie
abschließen wollen erhalten Sie noch Besuch von der
Vertreterin der KKK-Versicherung. Die KKK hat mit einem Berufsverband
Ihrer Branche einen sogenannten Gruppentarif
abgeschlossen: Weil es sich bei Ihrer Kunst um einen ungefährliche
Bürojob handelt sind Sie und Ihre Kollegen seltener krank
und angeblich auch solventer, zuverlässiger usw.
(Ein Wort zu den
Berufsverbänden: Diese Vereinigungen, die scheinbar Ihre
Interessen vertreten, sind zu einem Großteil Absatzorganisationen
für allerhand Produkte, die Sie woanders günstiger
bekommen. Branchenrabatten und Angeboten nach
dem Motto Weil Sie es sind! sollte man im kaufmännischen
Leben mit Vorsicht begegnen.)
Die KKK ist günstiger
und bietet Ihnen außerdem ein für Freiberufler
interessantes Krankentagegeld. Sie müssen bei Abschluss
nur Mitglied in dem Branchenverband sein, wobei die Mitgliedschaft
im Branchenverband in den ersten beiden Jahren ohnehin kostenlos
ist.
Weiter mit: Piraten!
|