Die
supergute Vermögensanlage -
Hinhaltetaktik
Leicht ungläubig, wie mit Ihnen als
jahrelang treu zahlendem Kunden umgesprungen wird, haben Sie
nun von Dr. Würstchens hilflosen Gestammel die Nase voll
und suchen das Gespräch mit den Vorgesetzten in der örtlichen
Filiale.
Dort hat man inzwischen die albernen Monitore
auf den Beratungszimmern abgeschafft. Inzwischen hat sich
Ihr Blick geschärft: das Interieur kommt Ihnen nun alles
andere als wertvoll vor. Auf den Beratungszimmern haben die
MP-Berater nur Laptops auf ihren Stahlrohrtischen.
Den TV-Monitor im Wartezimmer würde heute nicht mal ALDI
anbieten. Die Büroetage wird auch nur angemietet sein.
Die einzige Immobilie, welche die MP-AG tatsächlich selbst
besitzt, ist das Gebäude der Zentrale in Pusemuckel,
dessen Fotos jede zweite MP-Broschüre ziert. Fassade
für eine Drückerkolonne.
Als Sie statt nach Kaffee nach Orangensaft
fragen, müssen Ihre so geleckten Gastgeber passen! Die
Filiale der MP-AG besteht im wesentlichen aus heißer
Luft, die mit reichlich PR beheizt wird.
Sie waren einer Inszenierung aufgesessen,
die Ihnen Kompetenz und Seriosität suggerieren sollte.
Nachdem Sie mehreren Ansprechpartnern Ihr
Leid geklagt hatten, verweist man Sie an den neuen Filialleiter
Tom Hackfleisch. Tom Hackfleisch ist kaum älter als Sie
und macht einen jungen, dynamischen Eindruck.
Typ Johannes B. Kerner.
Auch er versucht, Ihr bester Freund zu werden.
Da sei ja offenbar bei der Beratung nicht
alles optimal gelaufen. Er werde alles tun, um Sie zufrieden
zustellen!
(Hört, hört!
Tom hat es übrigens ohne
Doktor in dem Laden zu etwas gebracht. Genau wie
der Firmengründer und die Pappnasen im Vorstand der MP-AG.
Er hat Seminare und Workshops besucht, in denen trainiert
wird, wie man beim Lügen jemandem in die Augen sieht,
ohne rot zu werden. Er könnte einem Eskimo einen Kühlschrank
verkaufen. Und weil er genug Leute über den Tisch gezogen
hat darf er nun in dieser Stadt künftig den Häuptling
spielen.)
Tom ohne Doktor Hackfleisch
entschuldigt sich für den erbärmlichen Email-Verkehr
seines neuen Untergebenen Dr. Würstchen, der offenbar
auch nur ein Mensch sei und einen (oder mehrere?) schlechte
Tage gehabt habe. Sie machen doch sicherlich auch mal Fehler,
oder?
(Was genau können
Sie sich für diese Entschuldigung kaufen?
Sie wollen Schadensbegrenzung,
keine warmen Worte.)
Mit einer unglaublichen Chuzpe kommuniziert
er, warum der MP Leben nur zwei Jahre Leben vergönnt
war: Der Kunde hätte die Qualität des Produkt nicht
verstanden! Weil die MP-AG das Produkt ihrer Tochter MP Leben
verkaufte, hätten der Kunde an der Neutralität der
Beratung gezweifelt.
(Aha. Es waren also nicht alle so bescheuert.
Der Kunde hat vermutlich jedoch nicht nur die
Neutralität der Beratung bezweifelt, sondern auch einen
Blick auf die Aktie der MP-AG geworfen. Oder in der Zeitung
die aufgekommenen Skandale bei der MP-AG verfolgt. Und wahrscheinlich
hatte sich der Kunde auch über die besten
Partner der MP-AG informiert. Das Glanzprodukt MP
Leben war eine Totgeburt.)
Das Produkt sei top gewesen.
Heute würden sich alle nach dem Garantiezinssatz der
MP´s beste Partner die Finger lecken!
(Guter Witz!
Die Höhe der Garantiezinsen
war damals gesetzlich vorgeschrieben. Für jedes Unternehmen.
Nach dem Abschlusszeitpunkt also lecken sich manche die Finger,
nicht aber nach den besten Partnern. Die besten
Partner können Sie wiederum lecken, jedoch anderswo.
So sehr die Beutelschneider Ihnen
das Geschäft auch gesundbeten wollen: Das Produkt ist
nicht top, sondern flop.)
Da der Termin ungleich länger dauert
als vorgesehen bittet Tom ohne Doktor Hackfleisch
um einen erneuten Besuch. Er werde sich bis dahin schlau machen,
wie man die verunglückten Versicherungsverträge
schadensbegrenzend beenden könne. Er betont noch einmal,
wie wichtig es sei, dass jeder Kunde einen Ansprechpartner
bekomme, der seiner Berufsgruppe angehöre.
(Wichtig nur für die Verkaufspsychologie.
Warum Hackfleisch sein unmotiviertes Sprüchlein an dieser
Stelle bringt, bleibt rätselhaft. Wer nichts zu sagen
hat, soll doch einfach die Klappe halten.)
Außerdem gibt er Ihnen noch eine Checkliste
der Stiftung Finanztest über BU-Versicherungen
mit, deren Kriterien rein zufällig auf MP´s
beste Partner, totale klasse passen.
(Na, so was?!)
Der neue Termin sei erst in einem Monat
möglich. Sie sollten einfach die Abbuchungen für
den aktuellen Monat und den folgenden bei der Bank stornieren.
Man werde das mit der Versicherung regeln. Bis die Sache geklärt
sei, bräuchten Sie nichts zu zahlen.
Fein, denken Sie sich. Endlich mal jemand,
der pragmatisch denkt. Jetzt haben Sie den richtigen Ansprechpartner
gefunden, der die Dinge wieder zurecht rückt!
(Noch wissen Sie nicht,
dass die MP Leben Ihnen wegen der Rückstände
kündigen und diese mit Ihrem ohnehin minimalen Rückkaufswert
aufrechnen wird. Wie praktisch!
Hätten Sie gleich gekündigt
oder ruhend gestellt, hätten Sie wenigstens den Rückkaufswert
der MP Leben erhalten. Glauben Sie etwa, Sie seien der erste
Kunde, der sich beschwert? Bei der MP-AG wird halt nichts
ausgelassen!)
Beim neuen Termin bleibt Tom ohne
Doktor Hackfleisch die zugesagten Informationen, etwa
inwieweit man eine LV verkaufen kann, schuldig.
(Machen wir´s
kurz:
Wer kauft denn wohl einen schwachen
Vertrag mit lächerlichem Rückkaufswert?)
Stattdessen glaubt er, Sie im Vertrag halten
zu können.
Voller Selbstbewusstsein tischt er Ihnen
auf, die neue LV + BU sei der alten überlegen, weil die
neue einen Heißluftsack habe. Das sei etwas total
geiles, das haben Sie noch nicht gesehen!
Doch. Haben Sie. Der alte Vertrag hatte
ja auch einen Heißluftsack, und der bezog sich
auf einen fünf mal höheren Schlusswert. Und hatte
eine gesündere Trägergesellschaft.
Das war wohl nix. Peinliche Pause.
Ganz offensichtlich hatte Hackfleisch den
Monat nicht genutzt, um sich kundig zu machen. Er will nur
verkaufen und schönfärben. Schweigend denkt er nach,
mit welcher neuen Lüge er die hochnotpeinliche Situation
retten kann.
Sie fragen nach der möglichst schadensbegrenzenden
Möglichkeit der Vertragsbeendigung.
Nichts.
Als Tom ohne Doktor Hackfleisch
erneut die MP Leben-Totgeburt preisen will, weisen Sie ihn
höflich darauf hin, dass Sie inzwischen woanders eine
Alterssicherung mit BU abgeschlossen haben. Sie wollen die
MP-Verträge loswerden, keinesfalls neue abschließen.
(Schade, schade, schade. Hackfleisch kann
an Ihnen nichts mehr verdienen.)
Tom ohne Doktor Hackfleisch
vertagt sich erneut und ist plötzlich nicht mehr zu sprechen.
Er reagiert nicht auf Emails.
(Wozu auch? Verdienen kann er an Ihnen nichts
mehr. Sie haben die Scharade inzwischen ja durchschaut. Sollen
sich doch die Briefkastenonkels in der Zentrale mit dem lästigen
Kunden herumschlagen. Vor Ort ist man nur für die Werbung
zuständig.)
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Mafiosi AG
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