Eine Beraterkarriere
neue Hoffnung
Langsam wachen Sie auf. Schemenhaft erkennen
Sie junge Frauen in weißen, wallenden Gewändern,
die Ihnen freundlich zureden. Sind Sie jetzt im Paradies?
(Nein, Sie sind im Krankenhaus. Nachdem Sie
gestern ihren Ärger über die MP-AG in Alkohol ertränkt
hatten, waren Sie kräftig auf den Kopf gefallen. Sie
haben alles, was Sie über die Finanzberaterbranche gelernt
hatten, wieder vergessen. Außerdem hat Ihr Urteilsvermögen
gelitten.)
Nachdem Sie die Frage eines Arztes, wer
gerade Bundeskanzler sei, mit "Helmut Kohl" beantwortet
hatten, dürfen Sie noch ein paar Tage bleiben. Dann aber
sitzen Sie in Ihrer Wohnung und fragen sich, wie Ihre Karriere
weiterverlaufen soll. Der Arbeitsmarkt für Akademiker
ist gegenwärtig angespannt. Immer wieder fallen Ihnen
die Anzeigen der KACKENDREIST AG auf, die um "Berater"
wirbt, die Ihr Fach studiert haben. Schon die Firma Ihres
früheren Vertrauens hatte Ihnen bereits Ihr ehemaliger
MP-"Berater" als möglichen Arbeitsplatz empfohlen.
Er fand Sie offenbar sympathisch.
(Nein, er fand die Provision in Höhe
von 1.500,- € sympathisch, die für geworbene MP-"Berater"
als Kopfgeld geboten wird. Die holen Finanzvertriebe schon
allein durch Ausnutzung Ihrer privaten Kontakte locker wieder
rein.)
Im Internet stoßen Sie auf eine Job-Homepage,
die sagenhafte 154.876 freie Stellen für Akademiker aufführt.
(Toll! Anscheinend hat man inzwischen die
Akademikerarbeitslosigkeit beseitigt, ohne, dass Sie das mitgekriegt
haben.)
Wie Sie später feststellen, bietet
die interessantesten davon die KACKENDREIST AG.
Sie sind gerade auf ein PR-Fake hereingefallen.
Zufällig firmiert dieses "neutrale" Homepage
an der gleichen Adresse wie die KACKENDREIST AG, wie sie es
schon im Impressum hätten feststellen können. Zufällig
sind alle Stellen, die man Ihnen anbietet, solche der KACKENDREIST
AG. Na, so was?!)
Sie finden im Internet weitere Informationen:
schon im vierten Jahr verdient ein KACKENDREIST-"Berater"
im Durchschnitt 95.000,- €. Sie werden an einer firmeneigenen
"College University" in der idyllischen Stadt Hinterwald
in die Geheimnisse der Finanzwelt eingeweiht werden. Lauter
glückliche junge Leute lachen Ihnen aus dem Internet
entgegen. Sie finden Erfolgsgeschichten von KACKENDREIST-Beratern,
die in ihrem Job aufgehen, beim Beraten ihren Lebenspartner
kennen lernten und eine einmalige Firmenkultur genießen.
(Wenn Sie mal anhand des im Internet
veröffentlichten Geschäftsberichts nachrechnen,
könnten Sie feststellen, dass der Durchschnittsverdienst
mit Sicherheit nie und nimmer 95.000,- € betragen kann,
sondern allenfalls die Hälfte. Tun Sie aber nicht.)
Wenn Sie nachrecherchieren, können Sie feststellen, dass
diese Erfolgsgeschichten in Wirklichkeit absolute Ausnahmen
und manchmal sogar PR-Fakes sind. Tun Sie aber nicht.
Die Firmenkultur ist allerdings tatsächlich "einmalig".)
Weiter mit: Das
Assessment-Center
|