Eine Beraterkarriere
Trennung
Inzwischen haben die ersten Ihrer Kunden
die Schwächen ihrer Verträge bemerkt und diese storniert,
sodass sicher geglaubte Provisionen ausbleiben. Nachdem Sie
ausgerechnet haben, wie lange es selbst im Idealfall dauern
wird, bis Sie Ihre Schulden gegenüber Ihrem "Arbeitgeber"
getilgt haben werden, beschließen Sie, sich beruflich
verändern zu wollen. Als Sie ihren Wunsch den Hinterwäldnern
mitteilen, weisen diese Sie höflich auf Ihren laufenden
Vertrag hin, der selbstverständlich bis zu einem fristgemäßen
Kündigungstermin zu erfüllen sei. Sie hätten
gefälligst weiterhin Ihre gesamte Arbeitskraft Ihrem
Hauptberuf, nämlich der Kackendreist AG, zur Verfügung
zu stellen.
(Und wenn Sie in Ihren Arbeitsvertrag gesehen
hätten, dann wüssten Sie auch, dass Sie bis zum
Ablauf von zwei Jahren nach Ausscheiden aus dem Unternehmen
keine Tätigkeit für ein im weitesten Sinne mit der
Kackendreist AG konkurrierendes Unternehmen aufnehmen dürfen.
Ansonsten ist eine Vertragsstrafe von 25.000,- € an die
Kackendreist AG fällig.)
Glücklicherweise haben Sie von Ex-Kollegen
erfahren, dass wegen des aktuellen Wirbels mit den Finanzmanipulationen
ein Sonderkündigungsrecht aus wichtigem Grund möglich
ist.
(Wenigstens eine langwierige Kündigungsklage
bleibt ihnen erspart. Die hätte allerdings den Nebeneffekt
gehabt, dass Sie Ihr Anwalt über ein paar finanzielle
Feinheiten aufgeklärt hätte.)
Auch Sie bitten in Hinterwald um ein Gespräch.
In der Zentrale kann man Ihrer Berechnung der Schulden nicht
so ganz folgen: Ihre Verrechnung mit noch ausstehenden Provisionen
können Sie vergessen. Das gelte nur, solange man noch
"im Unternehmen" sei, keinesfalls aber, wenn man
selber gekündigt habe.
(Aha. Hätten Sie das mal gleich gewusst.
Übrigens ist die Kündigung durch den Handelsvertreter
der Regelfall, denn weshalb sollte die Kackendreist AG jemals
eine Geschäftsbeziehung kündigen, an der sie ausschließlich
verdienen kann? Arbeitgeberverpflichtungen hat sie ja nicht.)
Außerdem macht man Ihnen klar, dass
insoweit nicht getilgte Schulden ja noch Zinsen generieren.
Ob Sie nicht doch lieber weiter im Unternehmen bleiben wollen...?
Jetzt, wo man doch wegen so vielen Abgängen ein Riesenpotential
habe!
(Nein. Wollen Sie nicht.)
Nachdem Sie dankend ablehnen, bittet man
Sie zur Unterschrift unter ein Dokument, welches die Partnerschaft
beenden soll. "Abrechung" steht darüber. Sie
atmen angesichts der Schuldenlast einmal tief durch und unterschreiben.
(Das hätten Sie mal besser gelassen.
Sie haben gerade eine Verzichtserklärung für Ihre
Provisionen aus künftigen Geschäften mit den von
Ihnen als freier Handelsvertreter geworbenen Kunden unterschrieben.)
Zuhause wird Ihnen langweilig und sie rechnen
die "Abrechnung" einmal nach. Sie entdecken bei
der Verrechnung der Vorschüsse mit Ihren Provisionen
lauter Fehler - zu Ihren Lasten.
(Zu spät! Mit ihrer Unterschrift hatten
Sie nämlich den Saldo "bestätigt". Da
juristisch dran zu kommen ist in der Praxis schwierig.)
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken
ohne Ende.
(Sie sind aber großzügig! Hätten
Sie einen Anwalt konsultiert - was übrigens die meisten
KACKENDREIST-Aussteiger tun - dann hätten Sie sich bei
Beendigung Ihrer "Partnerschaft" wenigstens diese
Fehler erspart. Außerdem hätte Ihr Anwalt einen
Vergleich ausgehandelt, sodass man Ihnen womöglich einen
Teil Ihrer Schulden erlassen oder gestundet hätte. Ohne
Anwalt nimmt man bei der KACKENDREIST AG Ihre Schreiben ebenso
wenig ernst wie die der Verbraucher.)
Die KACKENDREIST AG hat an Ihnen bestens
verdient. Selbst wenn Sie keine Kunden geworben hätten,
Sie selbst waren bereits ein tolles Geschäft. Wenigstens
ist dieser Alptraum jetzt für Sie vorbei.
(Nicht ganz. Sie haben ja noch Schulden bei
der KACKENDREIST AG. Und die werden nach einer Schamfrist
knallhart eingetrieben. Ob Sie ehemaliger Partner waren oder
nicht, spielt keine Rolle. Es geht um Geld - das einzige,
was im System KACKENDREIST interessiert.)
Als in ihrer Geschäftsstelle bekannt
wird, dass Sie das Unternehmen verlassen, setzt plötzlich
ein Wettrennen auf ihren Aktenschrank ein. Die Kollegen fleddern
die von Ihnen geworbenen Kontakte, wobei der Verteilungskampf
groteske Züge annimmt.
(Wie gut, dass es
solche Firmen nur in der Fiktion gibt ...)
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