Eine Beraterkarriere
Das Assessment-Center
Per Internet melden Sie sich zum Assessment-Center
(AC) in Hinterwald an. Dort im "AC" testen Pädagogen
Ihre "soft skills", ihre "basic brain power"
usw. Sie absolvieren Tests wie die berühmte "Postkorbübung",
bei der Sie zeigen sollen, dass Sie die richtigen Prioritäten
setzen können usw.
(Es wäre sinnvoller, zu testen, wie
Sie mit psychischem Druck und Krisensituationen fertig werden.)
Toll: Sie sind genau der richtige Kandidat
für eine Karriere bei der KACKENDREIST AG. So, wie Sie
veranlagt sind, werden Sie langfristig zum Geschäftsstellenleiter
aufsteigen. Sie sind ein gemachter Mann!
(Nun ja: Wer das AC der KACKENDREIST AG nicht
schafft, der wäre zu bemitleiden - und hätte trotzdem
gute Chancen, bei der KACKENDREIST AG unterzukommen! Der Besuch
dieses AC wird Studierenden auch so kostenlos angeboten, weil
man Hemmschwellen abbauen möchte, um Sie für eine
"Berater"-Tätigkeit zu ködern.)
Man zeigt Ihnen die Firma in Hinterwald.
Lauter glückliche Menschen! Sie und die anderen Interessenten
freuen sich also darauf, demnächst mit einer privilegierten
Tätigkeit bald 95.000,- € im Jahr zu verdienen.
(Nicht alle. Die nette Hauptschülerin,
mit der Sie in der Pause ein paar Worte gewechselt hatten,
traut diesen Versprechungen nicht. Sie fragt sich, warum bei
diesen Aussichten denn überhaupt irgend ein Mensch woanders
arbeiten möchte als bei der KACKENDREIST AG. Anders als
die in theoretischen Sphären wandelnden Akademiker hat
sie sich einen kritischen Geist bewahrt, steht mit beiden
Beinen auf der Erde und lehnt die Job-Offerte dankend ab.
Was die KACKENDREIST AG nicht daran hindern wird, ihr hinterher
zu telefonieren, ob sie es sich nicht doch noch überlegen
wolle und dass Sie in zwei Wochen gefälligst anfange.)
Sie hoffen nun auf 120 Tage Ausbildung in
der idyllischen Atmosphäre der KACKENDREIST AG, gemeinsam
mit glücklichen jungen Menschen, in modernen Gebäuden
mit Parks, heller Cafeteria, intellektuellem Flair - und das
auch noch auf Firmenkosten.
(Moment. Sie haben da etwas grundsätzliches
nicht ganz mitgekriegt. Sie werden kein Firmenangehöriger
im Sinne eines Angestellten - Sie werden "selbständiger
Handelsvertreter" in einem Finanzstrukturvertrieb. Rechtlich
gesehen sind Sie ein Einzelunternehmer, der sich an ein Vertriebsunternehmen
bindet und dessen Marke mitnutzt. Sie kriegen nichts "auf
Firmenkosten". Sie werden einen Teil Ihrer Ausbildung
und des Ausbildungsmaterials selbst bezahlen. Nur merken Sie
das nicht so richtig, weil man diese ja mit einem Vorschuss
verrechnet.)
Weiter mit: Der
üppige Vorschuss
|